"Geh aus, mein Herz, und suche Freud / in dieser lieben Sommerzeit / an deines Gottes Gaben; / Schau an der schönen Gärten Zier, / und siehe, wie sie mir und dir / sich ausgeschmücket haben. / Die Bäume stehen voller Laub, / das Erdreich decket seinen Staub / mit einem grünen Kleide; / Narzissus und die Tulipan, / die ziehen sich viel schöner an / als Salomonis Seide. / Das Täublein fliegt aus seiner Kluft / und macht sich in die Wälder; / die hochbegabte Nachtigall / ergötzt und füllt mit ihrem Schall / Berg, Hügel, Tal und Felder. / Die Bächlein rauschen in dem Sand / und malen sich an ihrem Rand / mit schattenreichen Myrten; / die Wiesen liegen hart dabei / und klingen ganz vom Lustgeschrei / der Schaf und ihrer Hirten. / Der Weizen wächset mit Gewalt; / darüber jauchzet jung und alt / und rühmt die große Güte / des, der so überfließend labt, / und mit so manchem Gut begabt / das menschliche Gemüte. / Ach, denk ich, bist du hier so schön / und läßt du’s uns so lieblich gehn / auf dieser armen Erden; / was will doch wohl nach dieser Welt / dort in dem reichen Himmelszelt / und güldnen Schlosse werden! / Welch hohe Lust, welch heller Schein / wird wohl in Christi Garten sein! / Wie muß es da wohl klingen, / da so viel tausend Seraphim / mit unverdroßnem Mund und Stimm / ihr Halleluja singen?/ Welch hohe Lust, welch heller Schein / wird wohl in Christi Garten sein! / Wie muß es da wohl klingen, da so viel tausend Seraphim / mit unverdroßnem Mund und Stimm / ihr Halleluja singen." (Gerhardt, Paul: Geh aus, mein Herz, und suche Freud, 1640.)
„Jetzt öffnet sich der Erdenschoß, / Die Brünnlein fröhlich springen; / Jetzt Laub und Gras sich geben bloß, / Die Pflänzlein anher dringen. / Wer wird die Kräuter mannigfalt / In Zahl und Ziffer zwingen, / Welch uns der Sommer mit Gewalt / Ans Licht wird stündlich bringen? / O Gott, ich sing von Herzen mein, /
Gelobet muß der Schöpfer sein! / Die Blümlein schau, wie tretens an, / Und wunderschön sich arten! / Violen, Rosen, Tulipan, / All Kleinod stolz im Garten, / Jazynthen und Gamanderlein, / Dann Safran und Lavendel; / Auch Schwertlein, Gilgen, Nägelein, / Narziß und Sonnenwendel. / O Gott ich sing von Herzen mein, / Gelobet muß der Schöpfer sein.“ (Spee, Friedrich: aus: Lob Gottes aus Beschreibung der fröhlichen Sommerzeit , 1649.)
Abbildungen:
S.205: Paradiesgärtlein, Oberrheinischer Meister, ca. 1420, Städel Museum.
Zwei Motivkreise überschneiden sich: Madonna im Rosenhag und höfischer Minnegarten. Die Madonna vertieft sich wie eine adelige Dame in die Lektüre; der Jeseusknabe sitzt auf dem Blumenteppich und wird von einem höfischen Fräulein im Zitherspiel unterwiesen. Weitere Dienerinnen schöpfen Wasser, ernten Obst. Die Idylle garantiert St. Michael, der den Drachen der wilden Natur besiegt.
S.206/207: Flower Edition [Vorwerk], Rosemarie Trockel, 1998.
"Was dort Buntes sich verbindet / Mir den Himmel mit der Höhe? / Morgennebelung verbindet / Mir des Blickes scharfe Sehe. / Sind es Zelte des Vesires, / Die er lieben Frauen baute? / Sind es Teppiche des Festes, / Weil er sich der Liebsten traute?" (Goethe, Johann W. von, aus: Liebliches, In: Westöstlicher Diwan, 1819.)